Fachbereich Rechtswissenschaften

Institut für Staats-, Verwaltungs- und Wirtschaftsrecht (ISVWR)


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Präpositionen: „von“ und der Dativ sowie das Gebot der Einheitlichkeit (Beitrag 14, September 2022)

1Zwischen Spielhallen und zu Spielbanken ist ein Mindestabstand von 500 Meter Luftlinie einzuhalten. 2Die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle in einem Radius von 500 Meter Luftlinie zu einer Schule […] ist zu versagen“ (§ 11 Abs. 4 S. 1, 2 GlüStVAG M-V 2012).

Beide Sätze wirken auf den ersten Blick schief. Grund dafür ist die oben hervorgehobene Formulierung „von 500 Meter“: Die verwendete Präposition „von“ fordert, dass das nachfolgende Substantiv im Dativ steht – anders etwa als „wider“ (Akkusativ) oder „wegen“ (regelmäßig Genitiv). Da es im Beispiel um mehrere Meter geht, ist der Dativ Plural notwendig.

Grundsätzlich wird der Dativ Plural mit einem „‑n“ am Ende des Wortes gebildet (Duden, Die Grammatik, 9. Aufl. 2016, Rn. 341). Im Beispiel scheint es sich also nicht um den erforderlichen Dativ Plural zu handeln. Es könnte der Nominativ, Genitiv oder Akkusativ Plural sein, der in allen Formen „Meter“ heißt.

Doch von der Regel gibt es Ausnahmen: Substantive im Maskulinum und Neutrum mit der Endung „‑er“ bzw. „‑el“. Diese sind im Plural identisch zum Singular und deshalb grundsätzlich endungslos. Daher stellt es der Duden bei diesen Wörtern frei, das „‑n“ im Dativ Plural anzufügen (Duden, Die Grammatik, 9. Aufl. 2016, Rn. 342 mit Rn. 279, G3).  Für das Wort „Meter“ gilt demnach: Erlaubt sind im Dativ Plural „Metern“ und „Meter“ (ebenso etwa bei „Liter(n)“, „Zentner(n)“ bzw. „Drittel(n)“, „Viertel(n)“ usw.). Allerdings ist die Variante mit angefügtem „‑n“ üblich, wenn das Zahlenadjektiv — wie im Beispiel — nicht ausgeschrieben ist (Duden, Die Grammatik, 9. Aufl. 2016, Rn. 342 (ii), 2. Spiegelstrich). Das Beispiel klingt also nur schief, ist aber nicht falsch. Wer eine Längenangabe in mehreren Meter(n) angeben will, hat im Dativ Plural die Qual der Wahl.

Wenn die Beispielssätze richtig sind, warum dann dieser Beitrag? Das oben genannte Gesetz ist inzwischen außer Kraft getreten, der Gesetzgeber hat die Abstände neu geregelt. Im Gesetz zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages 2021 (GlüStVAG M‑V 2021) heißt es in § 11 Abs. 1 S. 1 und S. 2: „von 200 Meter“ sowie in Abs. 2 S. 1 und S. 2: „von 500 Meter“. Der Gesetzgeber hält also an der Schreibweise ohne „‑n“ fest – so weit, so richtig (und einheitlich).

In der Gesetzesbegründung heißt es dagegen:

„Die festgelegte Entfernung von 500 Metern ist grundsätzlich geeignet, eine Spielhalle außer Sichtweite einer anderen Spielhalle oder Spielbank zu rücken“ (M‑V Lt.-Drs. 7/5972 v. 24.3.2021, S. 30 — dort ohne Hervorhebung).

Der Gesetzgeber bildet den Dativ Plural von „Meter“ in der Begründung also anders. Doch damit nicht genug. Mehrfach wechselt der Gesetzgeber in der Begründung zwischen „Metern“ und „Meter“. Das weckt bei unbefangenem Lesen den Eindruck, als sei „Meter“ grammatikalisch falsch. Der Gesetzgeber geht aber noch weiter. Im neuen Gesetz findet sich nur einen Absatz später eine dritte Schreibweise. In § 11 Abs. 3 GlüStVAG M‑V 2021 ist normiert:

„Zwischen Wettvermittlungsstellen und Spielhallen ist ein Mindestabstand von 200 m Luftlinie einzuhalten.“

Dasselbe Wort auf drei verschiedene (zulässige) Arten zu schreiben, wirkt fehlerhaft und wenig konsequent. Es sollte deshalb einheitlich nur eine Schreibweise verwendet werden! Wer sich Zeit und Platz sparen will, kann der dritten Variante folgen und die Längeneinheit abkürzen. Der Duden gibt dafür vor: Die Einheit wird durch ein Leerzeichen von der Zahl getrennt (also „200 m“, nicht „200m“, siehe Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 27. Aufl. 2017, S. 132 f.). Das immerhin hat der Gesetzgeber berücksichtigt.

Mehr zum Thema Präpositionen finden Sie in Beitrag 5 der Lernchance von August 2016 zum Akkusativ, in Beitrag 11 der Lernchance von März 2017 zum Genitiv und bei Hartmann/Welzel, Sprache und Stil (Leseprobe), in: Hartmann (Hrsg.), Hausarbeit im Staatsrecht. Musterlösungen und Gestaltungsrichtlinien für das Grundstudium, 4. Aufl. 2020, S. 32 ff.

Henning Schaaf